Bilder und Filme vom Ökohaus – und das Presse-Echo
Revue und Porträt
Das Ökohaus ist ein komplexes Gebäude mit einem komplexen Ensemble. Manche nennen es auch verwirrend in Gliederung und Vielfalt der Architektur und der Bandbreite von Nutzungen. Auf jeden Fall ist es facettenreich. An dieser Stelle ist der Platz für fotografische Impressionen, die sich über die Jahrzehnte angesammelt haben.
Eine Revue in Form einer Dia-Show im Quer- und Hochformat bietet Einblicke in die Vielfalt des Hauses, seine Nutzungen, die jahreszeitlichen Stimmungen und die architektonischen Gliederungen und Besonderheiten.
Anlässlich des 25-jährlichen Bestehens des Öko-Hauses baten wir den Dokumentarfilmer Marcus Welsch (Berlin) und den Kameramann Meinolf Schmitz (Frankfurt/M.) um ein filmisches Porträt. Wir machten keine dramaturgischen Vorgaben – bis auf einige sachliche Erläuterungen in Form von Text-Tafeln. Der Film findet sich hier. https://www.youtube.com/watch?v=-PNWYhZsIe0&t=159s
Der BUND Landesverband Hessen hat eine Doku zum Ökohaus Frankfurt erstellt, in der es auch um die Energiegewinnung durch die Nutzung eines BHKW geht: https://youtu.be/jKneR5-FA7o
Presse
Das Ökohaus - der Anfang
Sachlicher Auftakt
Zum ersten Mal die Rede vom neuen „Öko-Haus“ in Frankfurt ist in der „Frankfurter Rundschau“ vom 2. August 1989. In dem Überschriften-Ensemble: „Kollektive, Naturfreunde und auch Pfadfinder kamen mit der Commerzbank ins ,nicht alltägliche` Geschäft. Alternativ-Betriebe wollen in eigenes Öko-Haus ziehen. Das ehemalige ,KBW-Haus` dient als Tauschprojekt“ werden sehr sachlich gleich einige Tatsachen festgehalten.
Im Text von rks heißt es dann: „Die Welten, die gemeinhin eine Großbank von einem alternativen Betrieb trennen, sollen Ende 1990 endgültig von einem dann funkelnagel-neuen ,Öko-Haus` geschlossen werden. Das Fundament unter dieser nicht alltäglichen Kooperation ist eine Geländetausch der im Oktober 1988 zwischen der Frankfurter Commerzbank und einer der bundesweit größten Gemeinschaft von Alternativbetrieben vereinbart wurde: Das bisherige Domizil der knapp 30 alternativen Unternehmungen – darunter ein Ärztekollektiv, eine Zeitungsredaktion, Naturfreunde wie auch Pfadfinder – , das ehemalige ,KBW`-Haus (es gehörte dereinst dem Kommunistischen Bund Westdeutschland) an der Mainzer Landstraße, geht in die Hände der Bank über; die Alternativen erhalten im Gegenzug ein Areal in der Nähe des Westbahnhofes. Darauf soll nun der ,Öko-Bau`, der Traum vom alternativen Arbeiten, sechs Stockwerke hoch in den Himmel wachsen.“
Der bauliche Anfang ist der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der Ausgabe vom 27. Oktober im Lokalteil einen kleinen Bericht wert: „Ziegelsteine statt Beton. Grundsteinlegung für ein Öko-Bürohaus am Westbahnhof“ lautet die Überschrift des Artikels. Auch die Tonlage des Berichtes von chi ist sachlich: „,Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Besten Edelstein`. Mit einem rätselhaften Spruch frei nach der Bibel hat gestern mittag der Geschäftsführer der Kühl KG, Gerd Heinemann, den Grundstein zu einem Bauwerk ganz besonderer Art gesetzt: zu Frankfurts erstem Bürogebäude, das in der Kasseler Straße am Westbahnhof unter ökologischen und baubiologischen Aspekten gebaut werden soll. Ziegelsteine sollen nach Aussage von Projektleiter Klaus Sonnenmoser vom Tübinger Architektenbüro Eble und Sambeth den für Gewerbegebäude üblichen Beton ,soweit als möglich` ersetzen.
Zwei nördlich und südlich des Gebäudekomplexes angebrachte bepflanzte Glashäuser werden für einen gesunden Luftaustausch sorgen. In Zisternen soll Regenwasser für die Toilettenspülung aufgefangen werden. Ende nächsten Jahres soll das 7000 Quadratmeter Nutzfläche umfassende Gebäude bezugsfertig sein. Heinemann, als Vertreter der künftigen Hausherren sprach von einem ,Zusammenkommen` von verschiedenen Kulturen, wie es nur in Frankfurt möglich ist.`“
Dann wird es knallig
Zu Beginn des Jahres 1992, der Bau des Ökohauses ist erkennbar vorangeschritten und das Ensemble nun auch optisch ausgesprochen imposant, stoßen auch die Überschriften in der Presse in neue Dimensionen vor. Die "Bildzeitung", wie immer mit größerer Schlagzeile, verkündet: „Freiwillig! Commerzbank zahlte 30 Millionen an Ex-Kommunisten“ und Autor Jan Finkemeier spricht von einem 30-Millionen-„Geschenk“. Nennen wir es nicht Lüge, aber eine Fehlinformation. Doch ist der Ton damit schon gefunden: „Eine Nase für den Zaster hatte die Firma schon immer. 11 Jahre war die ,Kühl KG` Geldbeschaffer für den ,Kommunistischen Bund Westdeutschland` (KBW). Sorgte dafür, daß Frankfurts marxistische Protestler stets bei Kasse waren. Und landete jetzt, 7 Jahre nach dem KBW-Aus, ihren größten Coup: Bekommt von der Commerzbank (für 30 Millionen) ein nagelneues Haus!“
„Die Kühl KG heute: Öder Betonklotz an der Mainzer Landstraße, Charme eines Fliegerbunkers. Mieter: ,Links-alternative` Verlage (u.a. taz, früher ,Pflasterstrand`), feministische Gruppen, Öko-Klubs. Ihr unglaublicher Tausch-Deal:
– Die ,Commerz` übernimmt den maroden Altbau. Durchfeuchtete Wände, verrottetes Treppenhaus, brüchige Böden. Wert 2,7 Millionen.
– Und baut der Belegschaft (250 Mann) einen Öko-Palast am Westbahnhof: Glasfassaden, Solar-Anlage, Klos mit Regenwasser-Spülung, Bistro mit Wintergarten, Wasserläufe mit subtropischem Grün, Kindergarten, Bibliothek.
,Nach unserem Herzen` jubelt ,Kühl`-Sprecher Heinemann. ,Wenn die soviel Geld ausgeben: Nicht unsere Sache`.
Der Commerzbank (28.000 Mitarbeiter, 220-Milliarden-Umsatz) ist´s eher peinlich. Sie wollte das Kühl-Gelände für ihr neues Hochhaus (235 Meter), mußte diesen Plan nach der Römer-Wende verschrotten. Und weiß jetzt nicht, was sie mit dem alten Kasten soll.
Gustav Teltge (Grundbesitzer-Verband): ,Auch Banker fallen schon mal rein, wenn die Politik sich wendet.`“
Was zeitgleich in der „Rhein-Zeitung“, in der „Kölnischen Rundschau“ oder im „Darmstädter Echo“ erscheint, sind folgende Überschriften: „Der Deal der Kommunisten mit dem Klassenfeind. Fertig: Der Commerzbank-Bau für den KBW“, "Symbolträchtiger Immobilientausch in Frankfurts City. Kultur-Revolution ade – Commerzbank kommt“, und noch kombinationsfreudiger: „KBW-Kommunisten machen in Frankfurt Riesengeschäft mit Hilfe des ,Großkapitals`. Öko-Haus verkauft: 1100 Prozent Rendite. Wenn der Klassenfeind zum Klassenfreund wird: Commerzbank freut sich über den Immobilientausch.“
Der sprachliche Bombast und sachliche Quatsch steht über einem Text der Journalistin Susanne Laux, in dem es vergleichsweise unspektakulär zugeht: „Auf einem gut 4000 Quadratmeter großen Areal nahe des Westbahnhofs entstand unter der Commerzbank-Immobilientochter Faba ein ,Öko-Haus`, das seinen Namen redlich verdient. Glasfassaden, Lichthöfe und eine einladend ausladende Begrünung sorgen für ein gutes Klima in den Büros, die Ziegelwände des Gebäudes speichern die einfallende Sonnenwärme. … In den Chefetagen der Commerzbank wird der Bau trotz seines Renommees mit mehr als der gewohnten Diskretion behandelt; schon die Grundsteinl-egung des Gebäudes fand auf Wunsch der Finanziers im kleinsten Kreise statt …
Bei der Kühl KG freue man sich vor allem ,über das gelungene Klima-Konzept`, das man durchaus als Beispiel für andere Frankfurter Bürobauten verstanden wissen wolle.“
Nur im „Darmstädter Echo“ erscheint anlässlich der anstehenden Einweihungs-Feier noch ein anderer letzter Satz: „Dann, sagt Gerd Heinemann, Geschäftsführer der Kühl KG, ,sollen alle die kommen, die uns zu KBW-Zeiten mit der Überweisung ihrer Gehälter und Erbschaften wohlgesinnt waren.“
Die Scham und der „ökologische Mehrwert“
Das seltsam zurückhaltende Verhältnis der Commerzbank zu diesem „Tauschgeschäft“ war ja schon der Journalistin Susanne Laux aufgefallen. Auch B. A., der Autor der Zeitung „Journal“ (aus Luxemburg) kommt darauf am 9. April 1992 zurück: „Die Commerzbank scheint über den Handel weniger glücklich zu sein, und auch viele Banker glauben offenbar, dass ,man mit solchen Leuten keine Geschäfte macht`. Ein Vertreter der Commerzbank, der lieber nicht genannt werden will, sagt zudem, es gebe ,keine Dringlichkeit mehr`. Schließlich ist, was lange Zeit undenkbar schien, nach dem Einzug der rot-grünen Mehrheit im Frankfurter Römer 1989 am Stammsitz der Commerzbank mitten in der City ein Hochhausbau wieder möglich.
Somit liegen die Erweiterungspläne des Geldinstituts, die sein Interesse noch Mitte der 80er Jahre auf das ,KBW-Haus` an der Mainzer Landstraße 147 lenkten, zumindest was ein Hochhaus an dieser Stelle betrifft, erstmal auf Eis. Die Ausschreibung für den Neubau in der Innenstadt hat der britische Stararchitekt Norman Forster gewonnen.“
Das sind die Hintergründe, warum sich die Commerzbank dem Ökohaus nie verbunden fühlte. Dabei gab es genug sachliche Gründe für eine andere Haltung, schließlich wurden hier auch Anregungen für das ökologische Konzept des Commerzbank-Hochhauses in der City möglich.
Den Autor Peter M. Bode kümmern in dem Artikel in der Kunstzeitschrift "art" (8/92) das Tauschgeschäft weniger als die Besonderheiten des Ökohauses. Unter dem Titel „Alternative Firmen unter einem Öko-Dach. Frankfurt: Erstaunliches Gewerbezentrum am Westbahnhof“ heißt es dann:
„Die vermeintlich disparaten Teile, das chaotisch erscheinende Gemenge der verschiedensten Elemente und Materialien – Holz, Glas, Mauerwerk, Stahl, Alluminium, Wasser und Vegetationen – das alles ergibt einen Sinn und fügt sich letztlich doch zum Ganzen, weil hier der ökologische Mehrwert das Ziel ist. In diesem wirklich sympathischen Gegen-Modell zur glanzvoll-perfekten Repräsentations-Architekturt entsprang die gestalterische Fülle eben nicht eitler Entwerfer-Willkür, sondern entwickelt sich entsprechend den vorliegenden Bedürfnissen. ...
Das funktioniert aber nur, weil der Energieverbrauch ohnehin schon sehr niedrig ist; denn die unbeheizten Glashäuser umhüllen den Kern als Klimapuffer. Dicke Ziegelwände und dunkle Böden speichern über längere Zeit die Wärme. Auch durch die Bepflanzung der Dächer, Terrassen und Wände legt sich zusätzlich ein schützendes Luftpolster wie ein grüner Pelz um den gesamten Baukörper. … Auch für die natürliche Aufbereitung der Raumluft sind die Wasserflächen und die Vegetationen in den Glashallen – die sie mit der notwendigen Feuchtigkeit anreichern – von großer Bedeutung. … Da außerdem die verwendeten ,biologischen` Baustoffe Baustoffe wie Holz, Putz, Backstein und Linoleum durch die nur sanft lasierenden Farben nicht versiegelt wurden, können auch diese atmenden Materialien übermäßig feuchte oder trockene Luft ausgleichen."
25 Jahre Ökohaus Frankfurt
Kein ganz normales Bürohaus
Im September 2017 wurde das Ökohaus Frankfurt 25 Jahre alt. In der Presse finden sich aus diesem Anlass längere und kürze Berichte über dieses „Mischwesen“.
Mechthild Harting betont in der FAZ vom 7. September anlässlich der Feierlichkeiten „das Besondere an dem Gebäude“ sei „nicht das Ökologische“, sondern die Geschichte “eines der bemerkens-wertesten Grundstücksgeschäfte … der alten Bundesrepublik“. So wird noch einmal die Geschichte des Grundstücks- und Haustausches zwischen den Rechtsnachfolgern des KBW in der Mainzer Landstraße 147 und der Commerzbank nachgezeichnet. Über die KBW-Tatsachen hinaus soll ML 147 auch noch „durchsetzt von Sympathisanten des RAF-Terrorismus“ gewesen sein, was nun wirklich völlig abstrus ist. Tatsächlich besetzten diese „Sympathisanten“ einmal die Büros der Grünen in ML 147.
Sachlich richtig wird dagegen festgehalten, dass es sich um einen Haustausch handelte. „,Hätten wir uns auf ein Geldgeschäft eingelassen, wäre das Ökohaus nie fertig geworden`, sagt Gerd Heinemann. Das war offenbar damals schon klar. Wie viel die Commerzbank investiert hat, die schließlich zum Bauherren des Ökohauses wurde, ist offiziell nicht bekannt. Heinemann, der damals den Neubau begleitet hat, geht von etwa 50 Millionen Mark aus. Auf jeden Fall ist das Grundstück in Bockenheim doppelt bis dreimal so groß wie das im Bankenviertel.“
„Wir sind in das Thema Ökologie reingerutscht“ wird nochmals Gerd Heinemann zitiert. Und die Autorin des Artikels unter dem Titel „Zu uns kommt, wer zu uns passt“ fährt fort: „Am Ende hat man darauf bestanden, dass das neue Haus ein grünes werden müsse“. „Die Druckerei gibt es seit 2012 nicht mehr. Doch das Ökohaus hat heute trotzdem noch 37 Mieter, darunter Arztpraxen, und Berater wie die Agentur für Ernährungsfragen. Die Lehrerkoopera-tive hat dort ihren Sitz und der Frauennotruf. ,Ein ganz normales Bürohaus wollen wir nicht sein`, sagt Heine-mann, doch sie müssten niemanden ablehnen. Wer sich für das Ökohaus interessierte, passe in der Regel auch ins Konzept.“
Der Artikel schließt mit dem Satz: „Wer am Samstag zum Fest nicht kommt, ist die Commerzbank. Die Anfrage um ein schriftliches Grußwort hat das Geldinstitut abgelehnt.“
Nicht nur natur- sondern auch sozialverträglich
In der FR berichtet Simon Berninger am 9.9.2017 unter dem Titel „Das Frankfurter Ökohaus feiert heute sein 25-jähriges Bestehen. Das Gebäude ist ein Unikum.“ Und steigt so ein in seinen Artikel: „,Wie im Palmengarten‘“, hört Gerd Heinemann die Besucher im Frankfurter ,Ökohaus Arche‘ mitunter sagen, wenn sie zum ersten Mal den kurzen Brückensteg über dem Karpfenteich passiert und das gläserne Treppenhaus voller Pflanzen erreicht haben. Der Geschäftsführer der Kühl KG, Eigentümerin des Ökohauses, gehört – wie drei der Kois – zu den Urgesteinen des schillernden Gebäudes am Westbahnhof.
Der Vergleich mit dem Palmengarten lässt den 70-Jährigen kalt, immerhin hat sich das Ökohaus nach 25 Jahren seines Bestehens als eigene Lokalmarke etabliert. In Frankfurt suche das Ökohaus ohnehin schon deshalb seinesgleichen, weil sich hinter dem pflanzenbewachsenen Vorbau mit dem künstlich angelegten Bachlauf 40 Geschäftsparteien verbergen: unter anderem eine Reihe von Sozialvereinen, Rechtsanwälten oder Arztpraxen, die keinen regen Kaufhausbetrieb entstehen lässt. Selbst wer in das dazugehörige Lokal ,Arche Nova‘ möchte, das viele nur als ,Restaurant im Ökohaus‘ kennen, muss gar nicht erst ins eigentliche Ökohaus hinein.
Anders als beim Vergleich mit dem Palmengarten, wendet sich Heinemann aber entschieden gegen die ,linke Ecke‘, in die das Ökohaus zuweilen gestellt wird. ,Wir sind kein linkes Projekt‘, sagt Heinemann mit Nachdruck. Der Ruf kommt freilich nicht von ungefähr, immerhin kamen die Gründungsväter wie Heinemann aus der berüchtigten ,ML147‘, der einstigen Zentrale des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) in der Mainzer Landstraße 147. …
Der Kern des heutigen Geschäftsgebäudes ist wieder baulich eingeschlossen, statt von einem expandierenden Bankgebäude aber von drei Glashäusern voller Grün: Efeu klettert die Wände hoch und runter, im obersten Stock lechzt eine Bougainvillea nach Licht, auf den Dach-terrassen, die zu den vermieteten Geschäftsbereichen gehören und 50 Prozent der Überdachung ausmachen, reifen die letzten Tomaten in der Septembersonne, die für die benachbarten Melonenstöcke schon zu schwach ist. Arbeiten mit Balkoniengarantie – für Jürgen Acosta macht das den besonderen Charme seines Arbeitsplatzes aus.
Der 54-Jährige ist Buchhändler beim Gesundheitsmagazin ,Dr. med. Mabuse‘, mit elf weiteren Gewerben Ökohaus-Mieter der ersten Stunde. ,Zur Arbeit zu gehen fühlt sich an, wie in den Urlaub zu gehen‘, sagt Acosta, ob nun in den Redaktionsräumen oder auf einer der Dachterrassen.
Im Sommer gehöre zu dem Urlaubseindruck allerdings auch die gefühlt tropische Hitze, die sich dann wegen der Glasvorbauten in den oberen Stockwerken ansammele. ,An heißen Tagen könnte man nackig zur Arbeit kommen‘, so Acosta, der sich im fünften von sechs Stockwerken dafür im Winter über wohlige 25 Grad freut. Weniger erfreulich findet er, dass der Blick aus seinem Bürofenster gen Osten mit einem großen Studentenwohnheim zugebaut wurde. ,Früher konnte man bis zur S-Bahn-Station gucken.‘
Deutlich hörbar sind die Bahnen freilich immer noch, wenn sie im Minutentakt am Ökohaus vorbeirauschen. Die nahe-gelegene S-Bahn-Station ist einer der Gründe, warum Gerd Heinemann das Ökohaus eine ,grüne Oase inmitten einer Industriebrache‘ nennt. Gegen diesen Eindruck helfe Heinemann zufolge auch der angrenzende Von-Bernus-Park mehr schlecht als recht: Die Stadt kümmere sich zu wenig um die Parkanlage; so wenig, dass
Heinemann sogar schon – erfolglos – angeboten hatte, dessen Hege und Pflege zu übernehmen. Gärtnern würde man ja schließlich ohnehin schon in den eigenen vier Wänden und zwar alles ohne Fachleute. …
Nur zwei Mal im Jahr kommt ein Gärtner ins Ökohaus, um gegen Ungeziefer zu spritzen, und schon das passt Heinemann – dem einstigen Linken – eigentlich so gar nicht in den Kram. Ansonsten mache man wirklich alles ,avanti dilettanti‘“, versichert er, ohne damit aber auf den Praktikanten Lukas Gräber anspielen zu wollen. Der 23-Jährige, der gerade, mit Wasserschlauch bewaffnet, den Klebsamen im hinteren Glashaus bewässert, schätzt seinen Praktikumsort, weil es eben ,kein 0-8-15-Arbeitsplatz‘ sei. Außerdem weiß der gebürtige Preungesheimer, der heute eigentlich in Freiburg studiert, noch von früher, dass das Ökohaus ein bisschen wie ,das grüne Freiburg im Kleinen‘ sei: Seine Mutter arbeitete schon in seinen Kinderjahren beim ,Forschungsinstitut für biologischen Landbau‘ (FiBL), einer der Mieter im Ökohaus. Als Angestellte im Ökohaus kam sie 1995 in den Genuss, einen bevorzugten Kindergartenplatz nebenan zu bekommen, mit dem das Ökohaus eine privilegierte Vereinbarung für alle Angestellten getroffen hat.
Das Ökohaus will also nicht nur natur-, sondern auch sozialverträglich sein. Deshalb hat Heinemann im letzten Jahr auch nicht auf einen Immobilienmakler gehört, der ihm getrost zu einer Mietpreiserhöhung geraten hatte: Im Vergleich zu den ansteigenden Mieten sind die 14 Euro, die die die Kühl KG pro Quadratmeter von ihren Mietern nimmt, jedenfalls luftig unter dem städtischen Durch-schnitt von 16,50 Euro pro Quadratmeter, wie sie die IHK Frankfurt in ihrem aktuellen Gewerbemarktbericht berechnet hat. ,Das ist nicht unser Ding, zu sagen, wir müssen immer hart am Ball bleiben‘, sagt Heinemann und kann sich deshalb vor gewerblichen Mietinteressenten gar nicht retten. Seit das Ökohaus eröffnet hat, führt die Kühl KG eine Warteliste. ,Das geht hier aber nicht nach dem Windhundprinzip‘, so Heinemann, der im Falle einer frei werdenden Partie jedes Mal aufs Neue überlegt, welcher Miet-Interessent ins bestehende Gesamtgepräge passt. ,Dafür gibt es keine Auswahlkriterien, es muss auch keiner auf drei Buchstaben schwören‘, womit Heinemann sowohl ,bio‘ als auch ,öko‘ meint.
Aus irgendeinem Grund passten die beiden Prädikate aber stets zu jedem einzelnen der Betriebe, die sich für einen der raren Gewerberäume interessierten. Ob auch das dem Ruf des Ökohauses geschuldet sei? ,Ganz offensichtlich‘, sagt Heinemann und sieht an der Stelle keine Veranlassung zu einer Korrektur."
Ohne flächendeckende Klimaanlage
Am 8. September 2017 hatte die Zeitschrift Journal Frankfurt über die bevorstehenden Feierlichkeiten zu „25 Jahre Ökohaus in Bockenheim“ berichtet. Nicole Nadine Seliger schreibt:
„Nein, um es gleich vorwegzunehmen, der Name des Ökohauses hat nicht direkt etwas mit Bio- oder Öko-Lifestyle zu tun. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Bauweise des Gebäudes, den begrünten Flächen und dem kleinen Bach im Inneren. ,Der Pfiff des Hauses besteht im Zusammenspiel verschiedener Aspekte‘, erzählt Gerd Heinemann, Geschäftsführer der Kühl KG, der das Gebäude gehört ...
,Das Haus war eigentlich nicht als Niedrigenergie-Haus geplant‘, erzählt Heinemann. Doch schon an der Mainzer Landstraße habe sich der damalige KBW wegen zahlreicher Bepflanzungen inmitten von Beton als ,grüne Faust im Gallus‘ bezeichnet. Dieser Weg wurde auch im neuen Haus fortgeführt: Es gibt eine Innenbegrünung, ein eigenes Blockheizkraftwerk, Wasserwände und einen kleinen Bach in den vorgebauten Glashäusern. Zudem verzichtet das Ökohaus auf eine flächendeckende Klimaanlage, nur zwei Serverräume werden extra gekühlt. Im Rest des Hauses wird auf eine natürliche Kühlung gesetzt. …
Von Anfang an hatten die Mieter ein Mitspracherecht und durften schon bei den Entwürfen des Hauses ihre Wünsche äußern und mitbestimmen. Heute sind Arztpraxen, die Buchhaltung der Alten Oper, aber auch ein Kindergarten und gesellschaftliche Einrichtungen wie der Frauen-Notruf in den Räumen zuhause. … 12 der heute 37 Mietparteien sind seit 1992 dabei, auch der größte Mieter im Haus, die Redaktion des Verbrauchermagazins Ökotest“.
Das experimentelle Haus
Das Online-Portal „moderneRegional" schrieb am 14.9.17 unter der Überschrift „25 Jahre Ökohaus Frankfurt“: „Die Postmoderne hatte 1992 ihren Zenit bereits überschritten. Doch das Ökohaus Frankfurt, das in jenem Jahr eröffnet wurde, geht in seiner Architektursprache ohnehin weiter: Neben den üblichen weiß lackierten Stahlträgern und den dekonstruktivistisch kollidierenden Rundungen, Schrägen, geraden Flächen sowie den durch jeder Menge Sprossen unterteilten Glasflächen gibt es bemooste Wände. Und Bäume im vierten Stock. Einen Teich im Eingangsbereich. Wein an der Fassade und Heidegras auf dem Dach … Die Planungen für diesen ökologischen Traum starteten bereits Ende der 1980er, 1990-92 wurde das experimentelle Haus im Stadtteil Bockenheim auf einem ehemaligen Schrottplatzgelände errichtet.
Verantwortlich zeichnete das Büro Eble + Sambeth, das mit den Nutzern das Konzept der ,Arche‘, wie der Kultur- und Gewerbebau eigentlich heißt, erarbeitete. Nachhaltiges Bauen war das Hauptziel – unter den Erstbeziehern waren die Frankfurter Grünen, mehrere Ärzte, Verlage, das Magazin .Öko-Test‘ und die Druckerei der ,taz‘, deren Abluft bis 2012 zum Heizen des Gebäudes verwendet wurde (nein, wir machen jetzt keinen Witz über ,Presse und heiße Luft‘). Finanziert hat das Ökohaus ausgerechnet die Commerz-bank. Sie tauschte das Gelände samt Neubau gegen das Haus Mainzer Landstraße 147, in dem einst der Kommunistische Bund Westdeutschland residierte. Diese linke Geschichte fand ihr Ende in einer grünen Oase: moderneREGIONAL gratuliert! (db)“